Selbst die Pandemie hält Einkaufstouristen nicht davon ab, über die Grenze shoppen zu gehen. Das irritiert die Schöftler Unternehmerin Sylvia Flückiger. Die ehemalige Aargauer SVP-Nationalrätin will die Bevölkerung dazu sensibilisieren, gerade jetzt das heimische Gewerbe zu unterstützen und auch das Virus nicht unnötig zu verschleppen.
Gegen den Einkaufstourismus ist anscheinend kein Kraut gewachsen. Zahlreiche kantonale Gewerbeverbände in Grenzregionen versuchen seit Jahren mit gezielten Aktionen dieses KMU-unfreundliche Phänomen einzudämmen. Auch der Schweizerische Gewerbeverband sgv hat vor acht Jahren unter dem Motto «Ja zur Schweiz – Hier kaufe ich ein» eine Kampagne gegen den grenznahen Einkaufstourismus lanciert. Selbst Corona scheint die Einkaufstouristen nicht davon abzuhalten ennet der Grenze shoppen zu gehen. Für Sylvia Flückiger ist dies schwer nachvollziehbar: «Wer immer noch im Ausland einkauft, schadet nicht nur diesen Betrieben zusätzlich, sondern hält sich erst noch nicht an die Empfehlungen des Bundesrates zur Eindämmung der Pandemie.» Für die ehemalige Aargauer SVP-Nationalrätin ist das Einkaufen bei unseren KMU und Gewerblern eine Möglichkeit schweizerische Solidarität zu zeigen. «Es wäre wirklich wünschenswert, wenn wir alle hier in der Schweiz einkaufen, essen gehen und Ferien machen – gerade jetzt, wo viele Detaillisten, aber auch die Gastronomie und die Tourismusgebiete auf ihre Kundschaft angewiesen sind. Natürlich immer unter Einhaltung der Coronavorgaben.»
Auch Medien stehen in der Verantwortung
Besonders ärgert sich die immer noch engagierte Politikerin über Berichte und Prospekte mit denen das Shopping in ausländischen Restaurants, Möbelhäusern und anderen Läden etc., in allen Facetten angepriesen wird: «Es mag verständlich sein, wenn die Zeitungen in ihrer Not solche Inserate annehmen, in ihren Kanälen breit publizieren und Prospekte den Zeitungen beilegen. Damit lässt sich Geld verdienen. Aber auch sie bekamen Corona-bedingte finanzielle Unterstützung des Bundes. Das sind auch Steuergelder unserer KMU und Gewerbler. Deshalb stehen auch sie in der Verantwortung!» so Flückiger.
Weiter gibt sie zu bedenken, dass gerade jetzt in der Pandemie der Einkaufstourismus besonders heikel ist. Es ist auch fragwürdig, weshalb beispielsweise Baden-Württemberg für Einkaufstouristen eine Coronaregel eingeführt hat, wonach Leute aus mehreren Kantonen (darunter Aargau und Solothurn) für maximal 24 Stunden einreisen können. Das ist ein Anreiz für das weitere Einkaufen im Ausland. Von den ökonomischen und ökologischen Auswirkungen ganz zu schweigen. Denn auch in normalen Zeiten sorgt der Einkaufstourismus für kilometerlange Staus an der Grenze.
Nationalrat will Einkaufstourismus unattraktiv machen
Ein weiterer Versuch zur Eindämmung des Einkaufstourismus hat der Nationalrat in der kürzlichen Herbstsession unternommen. Er stimmte zwei Standesinitiativen aus St. Gallen und Thurgau zu. Beide verlangen, dass bei sämtlichen privaten Wareneinfuhren im Inland die Schweizer Mehrwertsteuer zu zahlen ist, wenn man die ausländische Mehrwertsteuer zurückverlangt. Sie wollen so Steuergerechtigkeit schaffen. Der Ball geht nun zurück zum Ständerat. Das ist ganz im Sinne von Flückiger: «Konsumentinnen und Konsumenten, die im Ausland einkaufen, bezahlen heute weder im Inland noch im Ausland Mehrwertsteuer. So subventionieren wir den Einkaufstourismus indirekt.» Für Flückiger ist es deshalb höchste Zeit, auch gegenüber unseren Grenzkantonen ein positives Zeichen zu setzen. «Shoppen im grenznahen Ausland schadet unserer KMU-Wirtschaft. Und dann beklagen sich die Leute über das Lädelisterben. Gerade jetzt müssen wir Sorge dazu tragen und alles tun, um Arbeits- und Ausbildungsplätze zu erhalten.» Die frühere Unternehmerin wünscht sich, dass künftig mit mehr Herz und Verstand eingekauft wird: «Auch hier in der Schweiz kann man preiswert einkaufen und die Differenz zum Ausland ist vernachlässigbar. Denn man muss auch beachten, dass für die Anfahrt etlicher Treibstoff in die Natur verpufft wird, und Zeit kostet auch Geld.» Sie appelliert aber auch an die öffentliche Hand, ein Vorbild zu sein, gerade jetzt die Aufträge nicht zurückzustellen, und bei Arbeitsvergaben unsere heimischen Unternehmen zu berücksichtigen.
Corinne Remund